Wolfgang Tomášek

 

 

 

Werte verteidigen

 

Zivilcourage lernen und üben?

 

 

Bürger-Text

 

1

 

Stand 1.9.2001 (1980)

 

 

 

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1. Schulen für Zivilcourage: Von den Erfahrun­gen anderer lernen

 

2. Ausbildungskonzepte und Ausbildungs­stätten: Über­lebenskriterien

 

         2.1. Konzentration

         2.2. Universalität

         2.3. Selbstbezug

 

3. Schlußbemerkung

 

 

 

 

Begriffe: Anklicken der im Haupttext mit ">" markierten Begriffe führt zur Erläuterung. Nochmaliges Anklicken des Begriffs bei der Erläuterung führt zurück zur Lesestelle.

 

 

 

1.  Schulen für Zivilcourage:

     Von den Erfahrun­gen anderer lernen

 

Wie kann die Bevölke­rung sich wehren

gegen Bedrohungen

des Rechtsstaats?

...

 

 

 

 

Immer wieder kommt es vor, daß in einem Staat ein >Usurpator von innen oder von außen die Macht an sich reißt und Freiheiten außer Kraft setzt, die die Be­völ­ke­rung bisher genossen hatte. Es kommt auch vor, daß Freiheiten schleichend außer Kraft gesetzt werden, daß die Gewaltenteilung unter der Oberfläche vermo­dert, daß sich ein ursprünglich demo­kratisches >System schritt­chen­weise zum Polizeistaat ohne Gewal­ten­teilung umwandelt - wie es sich in Bundesländern andeu­tet, wo eine Partei - "die" Partei - jahrzehntelang die absolute Mehrheit besitzt. Wann hätte ein solcher Usurpator, wann der Polizeistaat weni­ger Chancen?

 

... durch Ausbildung

in zivilem Widerstand

...

Man könnte antworten: Wenn die Bevölkerung es ge­lernt hätte, die Werte ihrer Verfassung, insbesondere ihre Freiheiten wirksam zu verteidigen. Wo könnte die Bevöl­kerung so etwas lernen? - Man könnte vermu­ten: im Alltag. Jeden Tag, am Arbeitsplatz, in der Familie, müß­te gelernt und vor allem geübt werden, die eigenen Werte zu verteidigen. Man könnte aber auch vermuten, daß sich doch nicht alles, was nötig ist, um einem Usurpator zu widerstehen, im Alltag lernen läßt - zu selten und wenig alltäglich sind die Situationen, die einem Usurpa­tor die Türen öffnen, zu weit entfernt sind die Erfahrun­gen, die andere mit der Bewältigung solcher Situa­tio­nen gemacht haben und von denen man lernen könnte, ohne die Erfahrungen selbst schon gemacht zu haben: "Der Weise lernt von den Erfahrungen anderer; der Tor will alle Erfah­run­gen selber machen". Wenn aber der Alltag nicht voll­ständig hinreicht, um das Not­wen­dige zu lernen, wo könnte man es denn lernen? - Man könnte vermuten: in einer Schule.

 

... an Schulen,

Volks­hochschulen,

Trai­ningszentren.

 

Ein Fach "Zivilcourage", "ziviler Unge­horsam" oder ">so­ziale Verteidi­gung" an den Schulen? Kurse an der Volks­hochschule oder an Privatschulen? Das gibt es alles schon in ir­gend­einer Form. Es gibt das Schulfach "Ge­mein­schaftskunde"; es gibt Aus­bildungs- und Trai­nings­zen­tren für gewaltfreie Aktion und ähnliches. Da und dort gibt es Beacht­liches, sicher auch im Verbor­genen kleine Grup­pen, die Erstaun­liches er­reicht haben. Und doch scheint die Ausbildung in Zivilcourage, zivilem Ungehor­sam, sozia­ler Ver­teidi­gung, syste­matischem Nicht-mit­spielen noch wenig entwickelt, scheinen auch die da­zuge­höri­gen Ausbil­dungsstät­ten noch nicht in dem Umfang und so selbst­verständlich im öffent­lichen Bewußtsein veran­kert zu sein, wie es eigent­lich von der Bedeutung des Lern­inhaltes her zu erwarten wäre. Was wäre denk­bar, um diesen Bereich zu fördern?

 

Überlebenskriterien

für Ausbildungsstätten:

Konzentration, Univer­salität, Selbstbezug

Wie alle >lebenden >Sy­steme müßten auch solche Aus­bil­dungskon­zepte und Ausbil­dungs­stätten in ihrer je­weili­gen >Umwelt überleben. Was wären die ent­scheidenden Krite­rien hierfür?

 

Es müßten im Prinzip ähnliche Kriterien sein, wie sie für das Über­leben von Lebe­we­sen in >Ökosystemen von Be­deutung sind. Ich möchte vermuten, daß zu­mindest lang­fri­stig drei wesentliche Kriterien in Frage kommen: Kon­zentra­tion, Universalität und Selbstbezug.

 

 

 

 

 

2. Ausbildungskonzepte und Ausbildungs­stätten: Über­lebenskriterien

 

 

2.1. Konzentration

 

 

Konzentration ...

 

 

 

 

Konzentration ist die Bündelung von >Energie­strömen; sie erhöht den Wirkungs­grad des Energieeinsatzes: Eine Axt konzentriert die Wucht des Schlages auf die Schnei­de; ein Brennglas konzentriert die Wärme der Sonne auf einen Punkt und entzündet so das Pa­pier. Wie in die­sem zweiten Beispiel wird ohne eine solche Kon­zentra­tion oft nicht nur ein schlechterer, son­dern gar kein Erfolg er­zielt. Konzentration auf eine spezifi­sche Auf­gabe begründet eine >ökologische Nische und vermindert die >Konkur­renz. Der Wert von Kon­zentration ist im Alltag geläufig, in vielen Re­densar­ten verankert. Was könnte aber Kon­zentration bei einer Ausbil­dungs­stätte für Zivil­courage bedeu­ten? Es könnte bedeuten: Konzen­tra­tion auf den Wider­stand gegenüber den Er­pres­sungs­mitteln eines Usurpa­tors.

 

... auf den entschei­denden Punkt - den Tod

Das letzte Erpres­sungsmittel eines Usur­pators und sei­nes Machtapparates ist der Tod. Folglich müßte man an einer Ausbil­dungsstätte für Zivilcourage und soziale Verteidigung im Grunde "sterben lernen". Die Grenzen des eigenen Lebens in Blick und Erlebnis zu bekom­men, müßte einem hel­fen, inne­ren Abstand zum Leben zu gewinnen, und das müßte man üben können, auch wenn man Sterben selbst nicht üben kann. Sterben lernen, das sei der Kern von Sa­tyagra­ha, seiner Leh­re von "Wahrheit in Güte", meinte Gandhi.

 

Sterben lernen

 

Wie könnte man "ster­ben lernen"? - Hierzu liegt si­cher­lich ein Er­fah­rungs­schatz in den Übungs­anwei­sun­gen der Religio­nen vor - auch Gandhi schöpfte aus diesem Schatz. Sich von Besitz trennen - also etwas verschen­ken, was mit harter Arbeit erworben wurde und was ei­nem zumin­dest früher wichtig war - das könnte etwa eine Übung sein zur Annähe­rung an das "Sterben ler­nen". Aus der Kon­zentration auf das We­sentliche der sozialen Verteidigung und der Zivilcoura­ge wür­de also eine gewisse asketi­sche Linie folgen. Wer viele Wünsche hat, ist erpreßbarer als ei­ner, der wenig Wünsche hat.

 

Folter widerstehen

ler­nen

 

Das vorletzte Erpres­sungsmittel eines Usur­pators ist die Folter. In den meisten Ländern der Erde wird gefol­tert; vor wenigen Jahrzehnten auch in Deutsch­land. Wenn zur Zeit in Deutschland praktisch nur Kinder gefol­tert werden, weil ihre Folte­rer gleichzeitig ihre Men­schen­rechts-Stell­ver­treter sind, so be­deutet das nicht, daß nicht ein neuer Usurpa­tor in diesem Land die Folter auch gegenüber Erwach­senen anwen­den könnte, um die Bevölke­rung dahin zu bringen, wo er sie haben möchte. An der Fähigkeit der Bevölke­rung, sich auch durch Fol­ter nicht zu Ent­scheidungen pres­sen zu lassen, die den eigenen Grund­werten wi­dersprechen, müßte sich mes­sen lassen, wie weit sie diesen Grund­wer­ten tatsächlich ver­wachsen ist. Eine Übung im Wi­derstand gegen die Folter müßte umgekehrt offenbaren, was die wirklichen Grundwerte der Bevöl­ke­rung sind.

 

Kaum einer hat gelernt, Folter zu widerstehen. Deshalb müßte diese Fähigkeit zentraler Lehr- und Lerninhalt an einer Ausbildungsstätte für Zivilcourage sein. Wer sich mit Folter und Todesdrohung ver­traut gemacht hat, müß­te auch anderen, milde­ren Anfechtungen bes­ser widerste­hen können - umgekehrt aber nur bedingt.

 

alte Traditionen auf­greifen ...

 

Wenn die Fähigkeit, Folter zu widerstehen, geübt wer­den kann, dann müßte an Traditio­nen angeknüpft wer­den können, die es in ande­ren Kulturen gegeben hat und noch zum Teil gibt, nämlich die Übung, freiwillig Schmer­zen bis hin zur Folter auf sich zu nehmen - etwa als Be­standteil von Initia­tionsriten. Solche Tra­ditio­nen könnten vielleicht vor allem bei kriegerischen Völ­kern gefunden wer­den, auch wenn sie vom Lauf der Ge­schich­te gezwungen wurden, relativ friedlich zu le­ben. Opfermut, Tapferkeit, Todesverachtung - das kennen wir doch schon, wird mancher sagen - hieß es nicht vor einiger Zeit "hart wie Krupp­stahl..."? Sind nicht von so etwas auch die Neo­nazis fasziniert? - Ja. Ich glau­be, daß in Aus­bildungskonzepte für Zivilcourage Spurenele­men­te des >Faschismus (im allgemeinen Sinn) mit einbe­zogen werden müßten. Wenn sich Zivilcourage und soziale Ver­teidi­gung aus­schließlich gegen Neo­faschismus und ähn­liche geistige Strömun­gen richten würden, müßten sie selbst dazu beitragen, einen Herd der Unzufrieden­heit zu züchten, einen Nähr­boden für neue Gewalt, für neue Usurpatoren. Deshalb müßten junge Neofaschisten sa­gen können: "Das geht ja noch über das hinaus, was wir bisher betrieben haben; da könnten wir uns ein­brin­gen!"

 

... jedoch im Geiste

der Gewaltfreiheit

 

Was wäre aber der Un­terschied zum histori­schen Fa­schismus? - der Unter­schied zwi­schen dem Opfern und dem Sich-opfern, also die eindeutige Gewalt­frei­heit.  Umge­kehrt müßten sich Schulen für soziale Verteidigung, die diesen Grund­satz verwässern, als zu­mindest potentiell faschi­stisch einstu­fen lassen.

 

Pluralismus und Kon­trollen als Vorbeugung gegen Ent­gleisungen

 

Folter widerstehen ler­nen - vielleicht in lan­gem, lang­sam gestei­gertem, sport­ähnli­chem Training  - das müß­te doch >Sadisten und >Ma­sochi­sten auf den Plan rufen. Richtig. Eine sadomasochistische Komponente ist wahr­scheinlich ebenfalls ein notwen­diges Spurenelement eines Aus­bil­dungskon­zeptes für Zivilcourage. Aber eine sol­che Kom­ponente müßte auf strikter Einver­nehmlich­keit beruhen; strengste Kontrollen müßten eingebaut wer­den, damit so etwas nicht entgleist - zunächst wohl vor allem die Frei­heit der Wahl auf einem Markt für solche Schulen.

 

Eros ...

 

Vor wem möchte man sich tapfer zeigen? - Vor de­nen, die man liebt. Das heißt, eine solches Ausbil­dungs­kon­zept müßte eine erotische Komponente be­sit­zen. Diese könnte Men­schen verschie­de­nen Geschlechts, ver­schiedenen Alters und verschie­dener sozialer Herkunft vereinen. Das Ganze könnte etwas an das alte Sparta erin­nern, dürfte jedoch nicht als staat­li­cher Zwang organisiert sein,  son­dern als frei­willige Übung, so freiwillig wie die Kurse an der Volks­hoch­schule - oder selbst als solcher Kurs.

 

... und Ernst

 

Allerdings: Lernen, Schmerz zu widerstehen - das könn­te verstan­den werden als Verhöh­nung der Leute, die tat­sächlich zu jeder Stunde, jeder Minute im Keller der Welt gefol­tert werden. Das heißt, die Übung, Folter zu er­tragen, müßte in einem Ernst betrie­ben werden, der sie nicht als Ver­höh­nung, sondern als Ge­ste der Ver­bunden­heit die­sen Leuten ge­genüber erscheinen läßt.

 

Hunger und Kälte

widerstehen lernen

 

Hunger und Kälte sind die nächsten Er­pres­sungs­mittel eines Usur­pators - der Entzug von Nah­rungsener­gie und von technischen >Ressourcen. Schließ­lich hat das Volk der Dichter und Denker selbst vor wenigen Jahrzehnten Hunderttausende Bürger einer Weltstadt - Leningrad - durch Blo­ckade verhungern und er­frieren lassen ...

 

Im Rahmen eines Aus­bildungskonzeptes für Zivilcoura­ge müßte man unter ande­rem lernen, Heizung durch Isolie­rung und andere Techniken zu ersetzen, den Entzug technischer Energie zu ertragen. Man müßte lernen, länger zu fasten, lernen, mit we­niger auszukom­men - Askese. Es ist oft die Angst vor Hunger und Kälte, die eine Bevölke­rung vor Hegemonial­mächten kriechen läßt, weil wirt­schaftli­che Druckmittel im Extremfall hungern und frieren lassen könnten. Keine Regie­rung wagt, ihrer Bevöl­kerung das zuzu­trauen - und kuscht stellvertretend schon vorher.

 

 

2.2. Universalität

 

 

Universalität:

Bedrohung aus dem Irgendwas

 

 

 

 

Universalität scheint das Gegenteil von Kon­zentration zu sein: Liegt darin nicht die Gefahr der Verzettelung? - Der Widerspruch müßte sich auflösen, wenn man be­trach­tet, was passie­ren würde, wenn ein Usur­pator die Macht, etwa in Deutschland über­nehmen wollte. Immer wäre es nur ein einziger Punkt, der den gravie­rendsten Druck ausüben würde; aber dieser Punkt könnte auf ver­schie­densten Gebie­ten des Le­bens lie­gen - überall könnten sich Ansatzpunkte er­geben, an die man vorher gar nicht dachte. Der >Na­tionalsozialis­mus zeigt, wie vielseitig, an­pas­sungsfähig, schöpfe­risch und durch­drin­gend eine unmenschliche Diktatur sein kann und wie vielseitig, an­pas­sungsfähig, schöp­ferisch und durchdringend der Wi­der­stand da­gegen sein müßte.

 

Und so müßten gegen einen möglichen Usur­pator alle Lebensberei­che, eigentlich die gan­ze Kultur gehärtet und mit Widerstandsfähig­keit durchsetzt werden - ähn­lich wie der ganze menschliche Körper mit Immuni­tät gegen die Invasion von Krank­hei­ten.

 

Das heißt, auch das Training in sozialer Ver­teidigung müßte ver­bunden werden mit allen Lebensbereichen. Hun­ger und Kälte widerste­hen lernen  - das müßte zu einem in gewisser Weise asketischen Le­bensstil führen. Mit weniger Ernäh­rung, Trinkwas­ser, Kleidung, Wohnung auskommen, dazu Hunger, Kälte, Schmer­zen und To­desdro­hung widerstehen lernen, das müßte so universell sein wie der Tod.

 

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Universalität müßte auch bedeuten, daß die Ausbildung in sozialer Verteidigung für jeder­mann offen sein müßte - insbe­son­dere für alle Altersstufen, Geschlechter, soziale Gruppen.

 

 

 

2.3. Selbstbezug

 

 

Selbstbezug: Ordnung höherer Stufe ...

 

 

 

 

Selbstbezügliche Sy­steme tragen ein Modell ihrer selbst in sich und treten mit diesem Modell in Bezie­hung. Im Lauf der >Evolution entfaltet sich Selbstbe­züg­lich­keit, weil sie den Syste­men, die sie tragen, Über­lebensvor­teile bie­tet: Versuch und Irrtum können energiesparend ins Modell verlegt werden.

 

... schafft Glaubwür­digkeit

 

Wenn es ein >ethisches System gibt, dem ein Ausbil­dungskonzept für Zivilcourage angehört, dann müßte dieses ethische System auch auf das Aus­bil­dungskon­zept selbst angewendet werden können - das Kon­zept müßte ein Modell des gesam­ten ethischen Sy­stems sein. Es müßte deshalb Gewaltfreiheit und Frei­heits­willen ver­kör­pern und in seinen inneren Beziehun­gen praktizieren.

 

Gewaltfreiheit auch zwischen Ideen ...

 

Was an einer Ausbil­dungsstätte für Zivilcourage für den Umgang zwischen Men­schen und zwischen Na­tionen gefordert wird, müßte auch für den Umgang ihrer eige­nen Ideen mit anderen Ideen gefordert wer­den. Das heißt: Friedens­ideen müßten koexi­stenzfähig sein mit an­deren Ideen, die nicht entsprechend sym­me­trische Ko­existenzfä­higkeit zeigen. Frie­densideen müßten die Ko­existenz mit ihren kriege­ri­schen Gegen­ideen suchen, statt sie aus­rotten zu wollen. Auch dazu könnte eine Aus­bildungs­stätte für Zivilcourage beitragen.

 

Die Bundeswehr zum Beispiel "zerschlagen" zu wollen wäre ein Wi­der­spruch zur Idee der friedlichen Koexi­stenz. Über kurz oder lang könnte die Bundeswehr mit ihren ethischen und ästhetischen Werten zur Konzep­tion von sozialer Verteidi­gung und zum Training von Zivilcourage beitra­gen - auch wenn sie im Mo­ment davon noch nichts wissen will.

 

... hart am Selbst-

wider­spruch

 

Hart an der Grenze zum Selbstwiderspruch müßte Ernst gemacht werden damit, zwischen Ideen und ihren Trä­gern Frieden zu stiften.

 

 

 

3. Schlußbemerkung

 

 

Gewaltlo­sigkeit

findet wie alles

ihre Grenzen

 

 

 

 

Jede Ausbildung in so­zialer Verteidigung und Zivilcou­rage hätte ihre Gren­zen: Wenn die Bevölke­run­gen vieler Völker ihre Werte gewaltfrei durch Zivilcourage verteidi­gen, wird zwei­fellos auch menschliche oder maschinelle Skrupel­losigkeit und Grau­samkeit auf hö­here Stufen stei­gen und alles bisheri­ge an Opfermut, Tapferkeit und Todes­ver­achtung zunich­te­machen - etwa dadurch, daß sie bereit ist, Menschen millio­nen­weise auf Entfer­nung von Maschi­nen, Chemikalien oder Krankheitskeimen umbringen zu lassen. Daß der Schritt auf die nächsthöhere Stufe der Grau­samkeit und Men­schenver­achtung mög­lich und schließlich sogar wahr­scheinlich ist, dafür ist es nur nö­tig, einen Blick in die deutsche Geschichte von vor ein paar Jahr­zehnten zu werfen und die Faszination zur Kenntnis zu nehmen, die gerade diese Geschich­te noch heute da und dort, ins­besondere bei der Jugend aus­löst. Es wäre also nicht ange­bracht, in einem Ausbil­dungskon­zept für Zivilcourage und soziale Verteidi­gung die Hoff­nung auf Abschaffung des Krieges oder Sieg des Guten zu näh­ren. Auch wenn jeder Erfolg von der nächsten amo­ralisch-technischen Ent­wicklung zunich­te­ge­macht werden dürfte, könnte das Ganze als Geste seinen Wert in sich selber tragen.

 

 

 

 

 

 

Begriffe - wie sie hier verwendet werden:

 

 

 

Energie = Fähigkeit eines dy­nami­schen Sy­stems, Arbeit zu leisten. Einer der Grundbegriffe der Phy­sik

 

Ethik = Lehre vom Gu­ten

 

Evolution = Entwick­lung, insbesondere Entwicklung der Lebewesen auf der Erde in gegen­seitiger Beeinflussung und unter Verände­rung der inneren Struktur

 

Faschismus - im all­gemeineren Sinn = am Führerprinzip orien­tierte, nationalisti­sche, antiliberale und antikommunistische Herrschafts­form.

 

Konkurrenz = das Beanspruchen der glei­chen >Ressource durch zwei oder mehre­re lebende Systeme.

 

lebendes System = (hier) dynamisches, >Energie und Stoffe umsetzendes System, das eine lang­fristige Entwicklung zu hö­herer Ordnung (>Evolu­tion) zeigt

 

Masochismus = Fähigkeit, aus dem Ge­quältwerden Lust zu gewinnen

 

Nationalsozialismus = Die 1933-1945 in Deutschland staatstragende Ideologie, gekenn­zeichnet unter anderem durch ge­walttätigen To­talitarismus (Ab­lehnung der Gewaltentei­lung; "Gleichschaltung" aller Lebensberei­che unter dem Staat; Einheit von Partei und Staat), Führerprinzip, Anti­marxismus, Rassis­mus, Antisemi­tis­mus, Impe­rialismus)

 

ökologische Nische = der Bereich des Über­lebens einer Organis­menart, allgemein ei­nes lebenden >Systems in einem gedachten Möglichkei­tenraum. Ent­spricht der "Markt­lücke" in öko­no­mischer Sprechweise.

 

Ökosystem = Wirkungs­gefüge aus Lebe­wesen, unbelebten natürlichen sowie ggf. auch techni­schen Bestandteilen, die unterein­ander und mit ihrer >Umwelt in Wech­sel­wir­kung stehen, ins­besondere >Energie und Stoffe austau­schen.

 

Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden und andere Grundlagen für die Existenz eines leben­den Systems, insbeson­dere menschlicher Gesellschaften.

 

Sadismus = Fähig­keit, aus dem Quä­len an­de­rer Lust zu gewinnen

 

soziale Verteidigung = Verteidigung durch die (zivile) Bevölkerung, insbesondere durch Nichtzusammenarbeit mit einem Usurpator

 

System = Gesamtheit von Elementen, die unterein­ander, bei offenen Sy­stemen auch mit ihrer >Umwelt, in Beziehung stehen.

 

Umwelt = (im allgemei­nen Sinn) Ge­samt­heit aller Systeme, die mit ei­nem bestimm­ten Sy­stem in Beziehung ste­hen. Im engeren Sinn = die Ge­samt­heit der natürlichen Systeme, die mit der mensch­li­chen Zivilisa­tion in Beziehung stehen, also Ge­stein und Boden, Gewässer, Luft­hül­le, Pflan­zen- und Tier­welt.

 

Usurpator = einer, der mit Gewalt die Macht im Staat an sich reißt - sei es von außen, sei es von innen.