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Dreiländer-Friedensmuseum |
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Frieden zwischen Militär und
Friedensbewegung? |
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Bürgertext |
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Stand 1.9.2001 (1996) |
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1.1. Militär unter Fragezeichen
1.2. Militär und Friedensbewegung
1.3. Am geistigen Brennpunkt:
Dreiländer-Friedensmuseum
Exkurs:
Friedenswille gegen Kriegszwänge
2. Konzeption: Militär und Friedensbewegung
tragen das Museum gemeinsam
2.2. Außenbezug: Universalität
2.3. Museumsdidaktik: Selbstbezug
Begriffe: Anklicken der im Haupttext
mit ">" markierten Begriffe führt zur Erläuterung. Nochmaliges
Anklicken des Begriffs bei der Erläuterung führt zurück zur Lesestelle. |
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1.1. Militär unter Fragezeichen |
Neue Situation durch Umbruch im Osten |
Der Umbruch in der Sowjetunion
und damit die Auflösung des Eisernen Vorhangs hat eine neue weltpolitische
Lage geschaffen, in der grenzüberschreitende Aktivitäten möglich wurden. Ein
Teil der Kriegsgefahren ist weggefallen, ein anderer Teil nur scheinbar.
Das allgemeine Gefühl der Bedrohung durch einen globalen Krieg hat jedoch
abgenommen. |
Fortentwicklung von Waffentechnik, Strategie und Taktik |
Unabhängig davon geht die
Entwicklung von Waffentechnik und zugehörigen Strategien und Taktiken weiter;
nach wie vor fließt ein großer Teil des Forschungspotentials der
Menschheit in diesen Bereich. Nach wie vor birgt diese Entwicklung die Gefahr
globaler wie auch regionaler >Konflikte. |
Gefahr zumindest regionaler Konflikte ... |
Durch die Auflösung bisher
ideologisch formierter Blöcke und durch die Proklamierung eines sicher nicht
unproblematischen sogenannten "Selbstbestimmungsrechts der Völker"
ist das Konfliktpotential zwischen ethnisch, insbesondere sprachlich und
kulturell bestimmten Einheiten besonders virulent geworden; die völkischen
Kriege im ehemaligen Jugoslawien oder in der GUS zeigen, was heute möglich
ist. |
... in Wechselwirkung mit dem Waffenhandel |
In Wechselwirkung mit den
regionalen Kriegen hat sich weltweit ein Waffenhandel entwickelt, der
nennenswerte Anteile des Bruttosozialprodukts der beteiligten Länder
umsetzt. Waffen aus einem einzigen Land werden in regionalen Kriegen
gegeneinander eingesetzt; große Teile der Landoberfläche der Erde werden
im Wechsel ver- und entmint, wobei die Beseitigung der Minen oft Experten
aus den Ländern obliegt, die sie geliefert hatten. |
Ausbreitung nuklearer Waffen |
Besondere Brisanz hat die
Ausbreitung atomarer Waffen auf immer neue Nationen - auch wenn ihr vonseiten
der bisherigen Nuklearmächte entgegengewirkt wird. Sie gleicht einer
schleichenden Diffusion einer chemischen Substanz in ihre Umgebung. Die
Gefahr von Atombombeneinsätzen aus regionalen, vielleicht auch nur
terroristischen Motiven ist etwas grundsätzlich Neues, das bei der
Diskussion um Krieg und Frieden von Bedeutung sein müßte. |
Distanzierte Haltung gegenüber dem Militär ... |
Solche Gefahren, insbesondere
in Verbindung mit völkischen Ideologien, bringen die militärische Welt in
Mißkredit. Gleichzeitig mit dem Gefühl verminderter globaler Bedrohung
nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich - unabhängig davon, wie fundiert
sie ist - zumindest in der Bundesrepublik eine distanzierte Haltung
gegenüber dem Militär entwickelt, insbesondere bei der Jugend. Die Zahl der
Kriegsdienstverweigerer kann hierfür als Zeichen gelten. |
... gleichzeitig aber lebendige militärische
Traditionen |
Ungeachtet all dieser
Entwicklungen gibt es aber auch lebendige militärische Traditionen -
weltweit wie auch national. Es gibt militärisches Ethos, militärische
Ästhetik, militärische Wissenschaft und Technik - die militärische Welt ist
heute wie zu allen Zeiten einer der umfangreichsten Wirtschafts- und
Kulturbereiche. |
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Versagen der Friedensbewegung |
Vor allem als Antwort auf die
Gefahr der Destabilisierung des Gleichgewichtes des Schreckens durch vorwarnungszeitlose
Atomwaffen hatte sich in Europa eine Friedensbewegung gebildet, deren
geistiger Niederschlag wohl in den Wandel der Politik zwischen den großen
Nuklearmächten eingeflossen ist, auch in die nach wie vor aktuellen Bemühungen
um konkrete Abrüstung, etwa auf dem Gebiet der chemischen Waffen oder der
personenbezogenen Landminen. Da aber die Friedensbewegung nur auf die
globale Bedrohung ausgerichtet war, nicht auf die allgemeine Kriegsgefahr,
hat sie eingestandenermaßen gegenüber den heutigen regionalen Kriegen
fast völlig versagt. |
Langsamer Bedeutungsgewinn der Vereinten Nationen |
Allerdings: Obwohl sie jahrzehntelang
nur als Wasserkopf geschmäht wurde, obwohl sie auch im ehemaligen Jugoslawien
ihre Grenzen überdeutlich zeigte, gewinnt die Organisation der Vereinten
Nationen sehr langsam an politischem Gewicht. Es scheint im Interesse
vieler, nicht nur großer Staaten zu sein, das regionale Konfliktpotential
zu senken. Immerhin haben die Vereinten Nationen in einer Reihe von Fällen
erfolgreich Konflikte schlichten oder zumindest entschärfen können. |
Unsicherheiten bieten auch Chancen |
Gegenwärtig stehen sich also
Verunsicherungen, in manchen Ländern sogar Demütigungen des Militärs, wie
auch Verunsicherungen und Demütigungen der Friedensbewegung gegenüber. In
dieser relativ labilen Situation, vermutlich nahe an möglichen Umkipp-Punkten,
müßte eine vertiefte geistige Auseinandersetzung Chancen haben, etwas
konstruktiv zu bewegen. |
Dreiländer-Friedensmuseum
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Wegfall des Eisernen Vorhangs |
Der Wegfall des Eisernen
Vorhangs hat in der Grenzregion zwischen Tschechischer Republik,
Österreich und Deutschland eine neue Lage geschaffen. Wo jahrzehntelang
die verbindenden Verkehrs-, Güter- und Menschenströme unterbrochen waren,
da pulst jetzt Leben und Verkehr. Wenn bisher Grenzlage und Einrichtungen
militärischer Abwehr das Bewußtsein der Grenzregion geprägt haben, so
dürfte es künftig mehr und mehr das Verbindende sein - Kommunikation und
Handel über die Grenzen hinweg. Militärische Einrichtungen des "Eisernen
Vorhangs" werden zum Teil nach wie vor genutzt, zum Teil aber wurden
sie zu Ruinen, deren Abbruch man vor allem aus Kostengründen unterläßt.
Manchmal sind sie so charakteristisch, daß sie zu Sehenswürdigkeiten mit
musealem Charakter geworden sind. Es fragt sich, ob solche Reste nicht
darüber hinaus zum Anlaß werden können für Bildungseinrichtungen überörtlicher
Bedeutung, die die jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem Eisernen Vorhang
verarbeiten und für die Öffentlichkeit aufbereiten. |
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Friedensmuseum: Geistige Herausforderung für drei Länder |
Vor dem skizzierten
Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen Militär und Friedensbewegung
wurde ein "Dreiländer-Friedensmuseum" in der Nähe des
Dreiländerecks Tschechoslowakei, Österreich, Deutschland vorgeschlagen.
Eine solche Einrichtung wäre eine geistige und politische Herausforderung
für alle drei beteiligten Länder - die Probe auf die Fähigkeit, trotz
bitterer Erfahrungen aus der Geschichte konstruktiv zum gemeinsamen Anliegen
Frieden zusammenzuarbeiten. Ein solches Museum müßte darüber hinaus
zum Anlaß werden für ein konstruktives Gespräch zwischen den Vertretern
militärischer Traditionen und der Friedensbewegung. |
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Exkurs: Friedenswille gegen Kriegszwänge "Der Krieg
ist der Vater aller Dinge" sagte Heraklit, "Krieg ist kein
Naturgesetz" dagegen der frühere Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland,
Gustav Heinemann. Wer hat recht? Konkurrenz
lebender Systeme um begrenzte >Ressourcen Alle Lebewesen,
alle lebenden >Systeme überhaupt brauchen Energie,
um ihre innere Ordnung zu erhalten und an ihre Nachkommen weiterzugeben.
Der Energiestrom, den die Erde von der Sonne erhält, ist sehr groß, aber
nicht wachsend. Der Verbrauch von Energie läßt sich deshalb auf der Erde
nicht grenzenlos steigern - ebensowenig wie der Verbrauch an Rohstoffen. Gleichzeitig aber
sind ausnahmslos alle lebenden Systeme zu Wachstum oder Vermehrung fähig
und bereit. Deshalb stehen lebende Systeme grundsätzlich
in >Konkurrenz
um die begrenzten Energie- und Stoffressourcen. Schon durch seine Existenz
beschneidet jedes lebende System die Überlebens-, Wachstums- und Fortpflanzungschancen
anderer lebender Systeme. Ein
Wachstums- oder Vermehrungsverweigerer würde über kurz oder lang von seinen
Konkurrenten verdrängt werden und aussterben. Grundsätzlich
aufgerüstete Situation Ähnlich wie
Wachstums- und Vermehrungsfähigkeit entwickeln sich auf höheren Stufen
der >Komplexität
weitere Fähigkeiten zur Gewinnung und Erhaltung der lebensnotwendigen Energien
und Stoffe im Konkurrenzfeld, etwa zur >Infiltration in fremde Territorien, umgekehrt zur
Sicherung von Territorien, zu Angriff und Verteidigung
gegenüber konkurrierenden lebenden Systemen, schließlich auch zu
einergiesparsamem Bluff. Vor die Wahl gestellt, sich entweder vom Konkurrenten
aus dem gemeinsam genutzten Ressourcenstrom drängen zu lassen oder solche
Verhaltensformen zu nutzen - wird jedes lebende System das letztere wählen
- oder aber schließlich nicht mehr existieren. Das Maß dieser
Fähigkeiten entwickelt sich in Anpassung an die jeweilige Konkurrenzsituation.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß in einer >Biozönose,
also in einem System aus mehreren, miteinander wechselwirkenden lebenden
Systemen, die sich aus dem gleichen Energiestrom ernähren, solche
Fähigkeiten auf Dauer von keinem der beteiligten Systeme entwickelt und
eingesetzt werden, wenn sie dazu beitragen können, das Überleben zu sichern. Eine Biozönose
ist also grundsätzlich "aufgerüstet". In einem aufgerüsteten
Zustand muß es aber immer wieder zu einer Entladung der Potentiale in
einem für einzelne lebenden Systeme existenzbedrohenden >physischen
Konfliktaustrag kommen, da sich im Lauf der Zeit alle dynamischen
Gleichgewichte im Konkurrenzfeld bis zu kartenhausähnlicher Labilität entwickeln. Immer neue Kriege
wahrscheinlich Die bisherigen
Überlegungen setzen nur eine Mindest-, nicht aber eine Höchstkomplexität
der beteiligten lebenden Systeme voraus, müßten deshalb auch für die
Menschheit und sogar über sie hinaus gelten. Immer wieder neuer physischer
Konfliktaustrag mit Existenzrisiko - mit einem anderen Wort immer
wieder neue Kriege sind vor diesem allgemeinen ökologischen Hintergrund
wahrscheinlich, weil stets kleinste Veränderungen im Gefüge zu erwarten
sind, die die Kartenhäuser zum Einsturz bringen können. Wie weit allerdings
im einzelnen der Ausbruch physischen Konfliktaustrags hinausgeschoben
oder vermieden werden kann, ist damit noch nicht bestimmt. An der
Grundsituation ändern auch Mechanismen der Friedenssicherung - Verträge
und Konventionen, Vermittler- und Kontrollsysteme nichts. Sie alle können
eventuell den physischen Konfliktaustrag hinausschieben. Sie können aber auch
durch entsprechend komplexere Zusatzsysteme schleichend umgangen werden.
Defensive Pattsituationen, in denen die Kräfte der Verteidigung stärker
sind als die Kräfte des Angriffs, sind nicht auf Dauer stabil. Ähnliches
gilt für Pattsituationen aus Erschöpfung oder aufgrund von Bluff. Allerdings
sind Frontwechsel denkbar, etwa die Verteilung des gesamten Konfliktpotentials
auf eine größere Zahl sich überschneidender Fronten, oder auch eine gemeinsame
Konfliktfront gegenüber menschheitsbedrohenden Gegnern aus der Umwelt. In dem hier
skizzierten ökologischen Rahmen ist also physischer Konfliktaustrag immer
wieder einmal wahrscheinlich. Insofern kann man in gewisser Weise Krieg
als "Naturgesetz" bezeichnen (vgl. hierzu Wesley
1974) Aber:
Naturgesetze sind keine Ethik Dies redlich zur
Kenntnis zu nehmen heißt nicht, sich in einem ">naturalistischen Fehlschluß" dazu verleiten zu lassen, Frieden als
Wert aufzugeben und an seine Stelle eine Mutter-Natur- oder >Blut-und-Boden-Ethik,
eine unbefangene oder auch postmodern zynische Freude an Kämpfen, Töten,
Siegen, Erobern zu setzen oder gar den Krieg als ökologisches Regulativ
der Erdbevölkerung zu begrüßen, statt sich um humane Regulative zu bemühen.
Aus einem
"Ist" ergibt sich kein "Sollte". Auch wenn die Wahrscheinlichkeit
von immer wiederkehrenden Kriegen sich aus grundsätzlichen ökologischen
Überlegungen noch so plausibel ergibt, muß das nicht bedeuten, daß wir uns
mit solchen Wahrscheinlichkeiten ethisch identifizieren. >Ethik
besteht ja gerade darin, dem "Ist" etwas anderes, einen Willen oder
ein gemeinsames "Sollte" entgegenzusetzen. Selbst wenn Kampf und
Kriegführung immer wieder einmal notwendig werden sollten, heißt das noch
nicht, daß etwas Notwendiges gleichzeitig ethisch gerechtfertigt ist. Notwendigkeit
und Ethik sind zweierlei; auch noch so notwendige Kriegführung belädt die Beteiligten
mit Schuld; der ethische Appell bleibt bestehen, immer wieder neu zu
versuchen, die Notwendigkeiten selbst so zu beeinflussen, daß der nächste
Krieg vermieden wird. Friedenswille jenseits
ökologischer Desillusionierung Vertiefte
ökologische Einsicht könnte aber die Motivation von Friedensarbeit vertiefen:
Selbst wenn es unmöglich sein sollte, für alle Zeiten "das Haus des Friedens"
zu bauen, müßten wir immer wieder neu gegen den Krieg antreten, ähnlich wie
der Arzt gegen den Tod, auch wenn er weiß, daß er immer wieder aufs Neue
unterliegen wird. Auf der Grundlage
des gemeinsamen Friedenswillens könnten sich Vertreter militärischer Traditionen
wie auch der Friedensbewegung auf eine solche Unterscheidung zwischen
Notwendigkeit und ethischer Rechtfertigung einigen: Die Friedensbewegung
gesteht dem Militär die immer wieder auftretenden Notwendigkeiten zu; das
Militär gesteht der Friedensbewegung zu, daß Notwendigkeiten nicht von
Schuld befreien. Das wäre eine Art
Friedensschluß auf höherer Ebene, der weiterführt als das platte
"Krieg dem Krieg". Vielleicht kann das zum geistigen Hintergrund
eines Dreiländer-Friedensmuseums werden. |
2. Konzeption: Militär und Friedensbewegung tragen das Museum gemeinsam. |
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Militärhistorische Selbstbescheidung ... |
"Si vis pacem, para
bellum!"
- Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor! - Dieser begrenzt gültige
Spruch könnte der Hintergrund sein für eine rein militärisch ausgerichtete
Konzeption eines Friedensmuseums. In einer solchen Sicht wäre Rüstung
zur Friedenssicherung notwendig und gleichzeitig hinreichend. Ein Dreiländer-Friedensmuseum
bräuchte dann nicht viel mehr als redlich gesammelte Waffen, Uniformen und
andere militärische Gebilde der beteiligten Länder als Werkzeuge der Friedens-Sicherung
bewahren und präsentieren, insbesondere die Reliquien des Eisernen
Vorhangs. Dann wäre es allerdings in der Gefahr, sich mehr und mehr den
Charakter eines Archivs oder Depots anzunähern. Schon die konzeptionelle
Trennung von Einrichtungen, in denen etwas anderes erforscht wird als
Militärgeschichte, die Trennung von der Diskussion um Krieg und Frieden
würde eine lebendige Beziehung nicht nur zur Gegenwart, sondern sogar schon
zur Vergangenheit erschweren. Die Zielgruppen eines solchen Museums
wären recht eng gefaßt; die Gefahr eines "Austrocknens" wäre
groß, wie sich am Beispiel bestehender Armeemuseen zeigt. |
... oder "antimilitaristisches Zentrum"
... |
Im Gegensatz dazu könnte ein
Dreiländer-Friedensmuseum in der Tradition der Friedens-, vielleicht auch
der Frauenbewegung primär als "Antikriegsmuseum", etwa
als Dokumentationszentrum für die Greuel des "männlichen"
Krieges konzipiert werden. Rationalität, Ästhetik und Ethik des Militärwesens
könnten verteufelt werden - etwa im Sinne von "Krieg dem Krieg".
Das müßte zu einer Art "Glaubenskrieg" zwischen Friedensbewegung
und militärischen Traditionen führen, der in Widerspruch kommen müßte mit
der Grundmotivation der Friedensbewegung. Obwohl eine solche einseitig
feministische Ausrichtung vielleicht kurzfristig anregend wirken könnte,
so könnte längerfristig nach Abbrennen eines Strohfeuers ein Aschehaufen
übrigbleiben. |
... führen beide in Sackgassen. |
Weder rein militärische
Traditionen, noch allein die Traditionen der Friedens- oder Frauenbewegung
dürften deshalb für ein Dreiländer-Friedensmuseum auf Dauer tragfähig sein -
in beiden Fällen wären zu viele Umweltbezüge, zu viel "Welt" ausgespart.
Die daraus zu erwartenden Gefahren für das längerfristige Überleben eines
solchen Museums lassen solche einseitigen Konzepte als Entwicklungs-Sackgassen
erscheinen. Das im folgende skizzierte Konzept sucht die Gefahren zu vermeiden,
indem es möglichst viele der wesentlichen Umweltbereiche einbezieht,
ohne auf kräftebündelnde Konzentration zu verzichten. Die größte
Fähigkeit, Störungen aus der Umwelt abzufedern, dürfte das Museum durch Selbstbezug
erreichen, wenn also seine politischen Grundsätze für die Museumspraxis
selbst gelten. |
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Integrative Rolle eines Friedensmuseums: |
Krieg und Frieden beeinflussen
nahezu alle Gesellschafts- und Umweltbereiche. Folglich müßte ein Friedensmuseum
eine gewisse Universalität zeigen. Wenn eine Vielzahl von Umweltbezügen
im Programm eines Dreiländer-Friedensmuseums postuliert werden, könnte das
Museum zumindest nebenbei eine integrative Rolle gewinnen. Für ein
überlebensfähiges, zukunftversprechendes Museumskonzept müßte also
gefordert werden: |
Drei Länder mit ihren Traditionen ... |
o Beteiligung aller drei Länder mit ihren spezifischen
Traditionen in Krieg und Frieden. Die Entspannung nach dem Fall des Eisernen
Vorhangs ist eine Chance, die geschichtlichen Erfahrungen der Länder
gemeinsam durch das Medium "Museum" ins Bewußtsein zu heben. Schon
das müßte als Beitrag zur Friedenssicherung wirken. |
Militär und Friedensbewegung arbeiten zusammen |
o Zusammenarbeit von militärischer Tradition und Friedensbewegung:
Erst wenn die Friedensbewegung dem Krieg etwas anderes bieten kann als die
unfriedliche Parole "Krieg dem Krieg", ist sie mit sich selbst im
Einklang. Ein tieferes Verständnis für die >Ökologie
des Krieges und der gemeinsame Friedenswille könnten das Fundament bilden
für die Zusammenarbeit zwischen militärischer Tradition und Friedensbewegung. |
Schule für zivile Verteidigung |
Konkret könnte dem Museum eine Schulungs- und Trainingsstätte
für zivile Verteidigung angegliedert werden. Den Erpressungsmitteln potentieller
Usurpatoren - Tod, Folter, Hunger und Kälte - widerstehen zu lernen -
darin könnten sich militärische Tradition und Friedensbewegung
tatsächlich begegnen - auch wenn das für beide noch ungewohnt ist. Beide
könnten dazu beitragen, Krieg, Frieden, Wehr- und Verweigerungsfähigkeit
im Bewußtsein der Bevölkerung tiefer als bisher zu verankern. Damit
würde die Rolle des Militärs zwar einerseits relativiert, gleichzeitig
jedoch in tieferer Weise gewürdigt. |
Integration junger Radikaler |
Eine solche Orientierung könnte etwa auch den Anlaß bilden
für eine politische Integration junger Radikaler, deren Verteufelung
jedenfalls unvereinbar ist mit den Grundsätzen der Friedensbewegung. |
Historische und aktuelle Bezüge ... |
o Verbindung von historischem und aktuellem Bezug: Das
Museum dürfte sich nicht nur historisch verstehen; es müßte ein lebendiger
Teilnehmer an der Diskussion um Krieg und Frieden sein. Hieraus folgt: Das
Museum dürfte nicht nur als Museum, sondern müßte gleichzeitig als Institut
und Werkstatt, als Tagungszentrum und Begegnungsstätte konzipiert
werden. |
Frauen und
Männer ... |
o Gleichberechtigte Beteiligung beider Geschlechter: Das
Museumskonzept dürfte weder Männer- noch Frauendomäne sein; Die Beziehung beider Geschlechter zum
Krieg, auch die Beziehung zwischen Kinderzahl, Ressourcen und Krieg (vgl. Dießenbacher
1998), schließlich die soziale Rolle von Uniform und anderen militärischen
Symbolen für beide Geschlechter - im Bild gesprochen, die Beziehung
zwischen "Ares" und "Aphrodite" - sollten sich im Konzept
abbilden. |
... Jung und Alt werden einbezogen. |
o Gleichberechtigte Beteiligung von Jung und Alt: Wenn Krieg und
Militärwesen - unabhängig davon, wie sie gedeutet werden - menschheitsbegleitende
Phänomene sind, muß ein Konzept für das Friedensmuseum Kinder und Jugend
ebenso einbeziehen wie das Alter. Krieg und Frieden, Militär und Waffen
haben für verschiedene Altersstufen verschiedene Bedeutung; Gewöhnlich
haben Kinder besonders unter Kriegen zu leiden; in etlichen Ländern werden
schon Kinder als Soldaten "verheizt". Ein Friedensmuseum sollte
deshalb unter anderem auch eine Lernstätte für Kinder, aber auch eine
Erinnerungsstätte für alte Leute darstellen. |
Vernetzung im größeren Zusammenhang: ... |
o Größere Zusammenhänge: Wenn für ein Friedensmuseum die
Integration in einen nationalen Rahmen fragwürdig ist - welche Möglichkeiten
der Integration in größere Zusammenhänge bestehen dann? Naheliegend
ist zunächst die Vernetzung der Regionen - Bayern, Böhmen,
Mühlviertel. Auch könnte die Vernetzung der Nationen weiterführen, etwa im
europäischen Rahmen. Das Museum könnte aber auch gesehen werden als Element
in einer Kette entsprechender Einrichtungen entlang des ehemaligen
"Eisernen Vorhangs" - oder auch im Netz der Dreiländerecken
der Welt überhaupt - grundsätzlich als "Friedensregionen" gedeutet.
Vielleicht könnten gerade manche selbstbewußte Bergvölker, die um Dreiländerecken
wohnen, eine vermittelnde Rolle zwischen ihren großen Nachbarn gewinnen? |
... Anbindung an die Vereinten Nationen? |
Im nächsten Denkschritt ergibt sich eine mögliche Anbindung
an die Vereinten Nationen. Ein so verstandenes Museum wäre Teil eines
Netzes von entsprechenden Friedensmuseen rings um die Welt, ähnlich wie
Natur- und Nationalparke Teil eines weltumspannenden Netzes von Biosphären-Reservaten
sein können. |
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Bestehende Sammlungen als kostbare Ressource |
In allen drei Ländern gibt es
vorhandene Sammlungen und Museen mit Waffen und Kriegsgerät - von der Vorgeschichte
bis zur jüngsten Gegenwart. Das Bayerische Armeemuseum in Ingolstadt
beispielsweise umfaßt die Sammlungen von entsprechenden Gegenständen der
Bayerischen Armee - einer Armee, die es seit etlichen Jahrzehnten nicht mehr
gibt. Deshalb ist der Bezug des Bayerischen Armeemuseums zu einer lebendigen
militärischen Tradition im wesentlichen abgerissen; es steht in der
Gefahr, sich einem Schloßmuseum anzunähern. Ähnliches dürfte für manche
Museen oder Sammlungen in Österreich und der Tschechischen Republik gelten.
Wenn aber diese Sammlungen angekoppelt werden an ein Friedensmuseum, das von
Militär und Friedensbewegung gleichzeitig getragen wird, dann müßten sie
kostbare Ressourcen darstellen, ja in neuem Licht zur Geltung kommen. |
Neue Standards in der Museumsdidaktik |
Unabhängig von speziellen
Inhalten hat sich - im Zuge der Entfaltung technischer Medien eine moderne Museumsdidaktik
entwikelt. Audio und Video, bis hin zu >Hologrammtechnik
und >Cyberspace, raffinierte Modelle bis hin zu
Simulationsspielen, bei denen die Besucher aktiv neue Bereiche des Wissens
und Erlebens erschließen - all das wird mehr und mehr zum Standard in
den verschiedensten Zweigen des Museumswesens; Modelle werden lebendiger
als die oft nur in Resten erhaltenen Originale; diese wandern mehr und
mehr - auch zur Schonung vor Licht und feuchtem Besucher-Atem - in die
"Dunkelhaft" der Depots. |
Erkenntnisse und ethische Grundsätze für das Museum selbst ernstnehmen |
Über bestehende Bestände und aktuelle
didaktische Möglichkeiten hinaus dürfte wirkliche Dynamik in der
Museumsdidaktik dann möglich sein, wenn die gleichen Denkmuster, die für
Völker, Länder und Nationen gelten, auch auf geistige Gebilde - Ideen,
schließlich Kulturgüter, technische Systeme und Museumsstücke als lebende
Systeme angewandt werden können, mit Stoff- und Energie-Umsatz und Ressourcenkonkurrenz
zu anderen lebenden Systemen. Die notwendige Auseinandersetzung um Museumskonzepte
und Museumsdidaktik, schließlich die Beziehungen der Aktivitäten und
Exponate des Museums untereinander bilden dann unmittelbare Modelle für
Krieg und Frieden im Großen. Selbstbezug ist somit wesentlicher Bestandteil
des Konzepts. Er könnte sogar zu ">fraktaler"
Selbstähnlichkeit und damit hohen ästhetischen Qualitäten führen. |
Auch Ausstellungsstücke als lebende Systeme:
Konfliktbewältigung als Modell |
Wenn es im Großen möglich
sein sollte, Frieden zu schaffen, dann müßte das erst recht möglich sein in
Konkurrenzen und Symbiosen unter den lebendigen Einheiten im Museum. Wenn
sich aber umgekehrt schon im Museum selbst der "Krieg als
Naturgesetz" herausstellen sollte - dann müßte man aus einem solchen
Modell lernen können, auch im Großen den Zwängen zu physischem
Konfliktaustrag mit Existenzrisiko ähnlich ins Auge zu schauen wie dem Tod
- eine Herausforderung, die aus dem Konzept eines von militärischen
Traditionen wie der Friedensbewegung getragenen Friedensmuseums nahezu zwingend
erwächst. |
Selbstbezug macht glaubwürdig |
Ein solcher Selbstbezug im
Museumskonzept müßte scheinbar Bedeutungsloses in Bedeutsames, Randständiges
in Zentrales verwandeln können. Er müßte dem Museum so etwas wie ein "institutionelles
Bewußtsein" verleihen können. |
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Konzentration auf einen geistigen Pol ... |
Der Bezug zu einer Reihe ganz
verschiedenartiger Umweltbereiche und auch zu sich selbst im Grundkonzept
des Museums - solche Universalität birgt die Gefahr der Verzettelung. Dieser
Gefahr begegnet die konzeptionelle Konzentration des Museums auf
einen "geistigen Pol". |
... den Tod. |
Dieser Pol kann außerhalb
des Museums liegen, ja außerhalb des Lebens überhaupt. Wenn militärische Tradition
lehrt, Leben zu töten, um anderes Leben zu erhalten, wenn andererseits
Friedensbewegung lehrt, soweit wie möglich Töten zu vermeiden, dann könnte
ein Friedensmuseum und damit verbundene Einrichtungen Sterben lehren.
Der geistige Pol eines solchen Museums könnte also letztlich der Tod sein.
Die Orientierung auf diesen geistigen Pol müßte hinreichen, um alle oben
umrissenen Umweltbezüge und Gegensätze zu integrieren und der Verzettelungsgefahr
entgegenzuwirken. Erst der Tod gibt dem Leben Gestalt. |
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Dießenbacher, H.: Kriege der Zukunft. Die Bevölkerungsexplosion
gefährdet den Frieden. München, Wien: Hanser 1998 Schweitzer, A.: Kultur und Ethik. München: Beck 1926 Hondrich, K. O.: Lehrmeister Krieg. Reinbek: Rowohlt 1992 Wesley, J. P.: Ecophysics. Springfield (Illinois): Thomas
1974 |
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Begriffe - wie sie hier verwendet
werden |
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Biozönose = Lebensgemeinschaft; Gesamtheit
der Lebewesen in einem >Ökosystem Blut und Boden = symbolische Formel für
faschistische bzw. nazistische Ideologie mit der Betonung von Gesichtspunkten
von Rasse und Abstammung ("Blut") und Lebensraum
("Boden") Cyberspace = (engl.)
"kybernetischer Raum", durch elektronische Datenverarbeitung erzeugter künstlicher Erlebnisraum; Vorstufen:
Bildschirmflipper, Flugsimulatoren) Ethik = Lehre vom Guten fraktal = in immer gleicher oder
ähnlicher Weise bis ins Unendliche fein verästelt Hologramm = Bild, das dreidimensional
betrachtbar ist Infiltration = Einsickern von Materialien
in einen Raum oder auch von Menschen in ein fremdes Territorium Komplexität = Vielfalt unterschiedlicher
Beziehungen in einem >System Konflikt = Zusammenprall
gegensätzlicher Interessen Konkurrenz = das Beanspruchen der gleichen
>Ressource durch zwei oder mehrere lebende Systeme. naturalistischer
Fehlschluß = Schluß vom Sein aufs Sollen; Versuch, ethische Werte aus Erkenntnissen
abzuleiten. Weitverbreitet; in vielen religiösen, philosophischen und
politischen Denkgebäuden konstituierender Bestandteil. Ökologie = Wissenschaft von den Wechselwirkungen,
insbesondere dem Stoff- und Energieaustausch lebender Systeme mit ihrer
Umwelt Ökosystem = Wirkungsgefüge
(>System) aus Lebewesen, unbelebten natürlichen sowie technischen
Bestandteilen, die untereinander und mit ihrer Umwelt in Wechselwirkung
stehen, insbesondere Energie oder Stoffe austauschen. physisch = körperlich, stofflich Ressourcen = Energie, Rohstoffe, Boden
und andere Grundlagen für das Leben eines lebenden Systems, insbesondere
menschlicher Gesellschaften. System = Gesamtheit von Elementen,
die untereinander, bei offenen Systemen auch mit ihrer Umwelt in Beziehung
stehen. Territorium = Lebensraum einer Gruppe
von Lebewesen |