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   Gesundheit  oder
  gesundheitliche Selbstbestimmung?    | 
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   Stand 1.9.2001 (1990)  | 
 
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     Begriffe: Anklicken der im Haupttext
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     Gibt es ein Recht auf Gesundheit?             | 
  
     Haben wir ein Recht auf >Gesundheit?
  Das Grundgesetz jedenfalls kennt kein solches Recht, jedoch in Artikel 2(2)
  das "Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit". Das
  ist weniger, aber eindeutiger. Es ist feststellbar, wenn jemand einen
  anderen verletzt oder gar umbringt. Wie schwierig allerdings schon die
  "körperliche Unversehrtheit" zu fassen ist, oder umgekehrt die
  "Körperverletzung" des Strafgesetzbuches, zeigt sich aus den
  Auseinandersetzungen um die Umweltverschmutzung. Wenn es um schleichende
  Belastung der Gesundheit durch sich gegenseitig summierende oder gar
  potenzierende Umweltgifte aus verschiedenen Quellen geht - wer soll da
  wegen Körperverletzung belangt werden? Noch schwieriger wäre es, objektiv
  festzustellen, wann jemand einem anderen allgemein das Recht auf Gesundheit
  streitig macht, sofern Gesundheit nicht als das gleiche betrachtet wird wie
  körperliche Unversehrtheit.    | 
 
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   Oder enthält das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung
  ein Recht auf Gesundheit? ...                                     ... wenn ja, dann nicht aufkosten anderer.    | 
  
   Artikel 2(1) des
  Grundgesetzes garantiert: "Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung
  seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht
  gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt".
  Dies ist sogar noch mehr als ein Recht auf Gesundheit, denn auch ein im
  gewöhnlichen Sinn gesunder Mensch kann in seiner Persönlichkeitsentfaltung
  beschnitten sein. Wenn nun einer Gesundheit als Teil oder Vorbedingung
  seiner Persönlichkeitsentfaltung betrachtet - das wird oft der Fall
  sein  - dann kann man annehmen, daß sein Recht auf freie Entfaltung der
  Persönlichkeit das Recht auf Gesundheit einschließt - innerhalb der Grenzen,
  die Artikel 2(1) des Grundgesetzes zieht. Das dürfte wohl nicht ohne weiteres
  in dem Sinn verstanden werden, daß ein Kranker sagen kann: "Ich habe
  das Recht auf freie Entfaltung meiner Persönlichkeit, also auch auf Gesundheit;
  deshalb macht mich gefälligst auf Staatskosten gesund!" Es dürfte
  aber in dem Sinn verstanden werden können, daß niemand einen anderen daran
  hindern darf, seine Gesundheit zu erhalten oder zu fördern, ohne mit dem
  Gesetz in Konflikt zu geraten - es sei denn, er würde durch die Gesundheitsentfaltung
  seines Kontrahenten selbst in seinem Recht auf Persönlichkeitsentfaltung
  verletzt.    | 
 
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   Fordert das "Sitten- gesetz" eine spezielle Gesundheit?    | 
  
   Wenn aber jemand nicht
  Gesundheit als Teil oder Vorbedingung seiner Persönlichkeitsentfaltung sieht,
  sondern vielleicht die Nichtbeachtung von Gesundheitsgesichtspunkten, oder
  Ungesundheit, oder eine spezielle Krankheit oder gar Selbstmord - was dann?
  - Auch dann dürfte ihn nach dem Grundgesetz eigentlich niemand an dieser Art
  von Persönlichkeitsentfaltung hindern können, denn was einer unter
  "freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" verstehen kann, darüber
  schweigt das Grundgesetz - wenn es anders wäre, dann wäre die Entfaltung der
  Persönlichkeit nicht mehr frei. Allenfalls das ">Sittengesetz",
  über dessen Inhalt das Grundgesetz ebenfalls schweigt, könnte ihm dazwischenfunken:
  Der Gesetzgeber könnte Ungesundheit oder Selbstverstümmelung oder
  Selbstmordversuch als "Verstoß gegen das Sittengesetz" deklarieren
  und Strafgesetze dagegen einführen - im Extremfall könnte fast die ganze
  freiheitliche Substanz des Grundgesetzes durch das Sittengesetz wie durch
  einen unverschlossenen Gully abgesaugt werden, bis am Schluß nur mehr der
  Gully, das Sittengesetz übrig ist, das dann nahezu beliebig gedeutet
  werden kann. Die Folgen wären auf vielen Gebieten erheblich; zur Zeit
  dürften der Gesetzgeber und die Gerichte vor so etwas zurückschreken.
  Heute sind immerhin weder Kettenrauchen noch starker Alkoholverbrauch
  noch der Selbstmordversuch strafbar, obwohl sie im gängigen Sinn ungesund
  sind und es bestimmt eine ganze Menge Leute gibt, die so etwas als Verstoß
  gegen die guten Sitten empfinden. Gesetzgeber und Rechtsprechung stecken
  also die Grenzen der Freiheit auch heute weiter als das, was gängigerweise
  als "normal" oder "gesund" gilt - eine Chance für
  Außenseiter und Pioniere in der Demokratie.        | 
 
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   "Gesundheit" von der WHO umweltbezogen
  definiert            | 
  
   Was soll aber "Gesundheit"
  überhaupt sein? Hierüber besteht keine Einigung, auch nicht unter Ärzten.
  Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO) definiert Gesundheit
  als "Zustand körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens".
  Mit einer solchen Definition wird der Begriff der Gesundheit auf den
  Begriff des Wohlbefindens zurückgeführt, also an das unmittelbare Erleben
  des einzelnen gebunden. Gleichzeitig wird in der Definition der Bezug zur >Umwelt
  hergestellt, nämlich zumindest zur sozialen Umwelt. Wenn die soziale Umwelt
  verschiedener Leute verschieden ist, müßte auch das soziale Wohlbefinden
  dieser Leute auf verschiedenen Bedingungen beruhen; die Gesundheiten
  verschiedener Leute in verschiedenen sozialen Umwelten müßten verschieden
  ausschauen. Jeder weiß oder fühlt, daß einer, der zum Beispiel täglich im
  Wald arbeitet, eine andere Art von Gesundheit hat als zum Beispiel einer, der
  täglich im Operationssaal arbeitet. Keine der beiden Arten von Gesundheit
  muß schlechter sein als die andere - sie sind nur verschieden, weil die Umwelten,
  auf die sich die Gesundheit einstellen muß, verschieden sind.    | 
 
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   Ein Beispiel aus der Natur zeigt: In verschiedenen
  Umwelten ist verschiedenes gesund.     | 
  
   Wie durchgreifend die
  Gesundheit von der Umwelt abhängt, das läßt sich an einem Beispiel aus der
  Natur erläutern: Ein Schmetterlingsweibchen legt viele Eier; nicht alle
  Nachkommen haben nach dem Schlüpfen aus der Puppe voll entfaltete Flügel; manche
  haben einen Erbschaden; sie haben nur Stummelflügel. Diese von Anfang an
  behinderten Schmetterlinge haben dann weniger Chancen als die flugfähigen
  Exemplare, mit Partnern zusammenzukommen und sich fortzupflanzen. Das
  heißt, die Stummelflügler unter den Nachkommen des Schmetterlingsweibchens
  werden sich nicht durchsetzen können; sie werden mit ihren Nachkommen nie
  einen größeren Prozentsatz der Schmetterlingsbevölkerung stellen können.
  Die Stummelflügligkeit hat also einen eindeutigen Krankheitswert.   Nun aber lassen wir einen
  Sturm das Schmetterlingsweibchen kurz vor der Eiablage packen, weit übers
  Meer tragen und zufällig auf einer kleinen Insel absetzen, die nur mit Gras
  und Kräutern bewachsen ist - etwa so ähnlich wie Helgoland. Das Schmetterlingsweibchen
  findet Gelegenheit, seine Eier abzulegen; die Raupen finden geeignetes Futter,
  verpuppen sich und schlüpfen. Und wieder schlüpfen ein paar, die statt Flügel
  nur Stummel besitzen. Was passiert? - Die mit den prächtigen Flügeln
  erheben sich in die Luft und belächeln ihre Geschwister mit ihren
  Stummelflügeln. Nicht lang, denn der nächste Sturm erfaßt sie und bläst sie
  aufs Meer hinaus. Vergeblich versuchen sie zurückzuflattern; schließlich
  sinken sie ermattet ins Wasser; der nächste Fisch schnappt sich den bunten
  Happen. Ihre Geschwister aber mit den Stummelflügeln krabbeln zwischen
  dem Gras und den Kräutern umher - da kann der Sturm sie nicht packen. Sie
  sprühen ihre Lockstoffe aus, finden - ohne die Konkurrenz der geflügelten
  Artgenossen - ihre Partner, pflanzen sich fort und vererben ihre Stummelflügel
  weiter. Und wenn hin und wieder einmal unter den Nachkommen der Stummelflügler
  einer die alte Flügelpracht entfaltet, dann hat er nicht viel Chancen auf
  Überleben und Fortpflanzung, bevor ihn ein Sturm in den nassen Tod bläst.
  Was ist nun gesünder: der vollentwickelte Flügel oder der Flügelstummel? 
  - Man kann es so allgemein nicht sagen. Auf dem Festland ist der vollentwickelte
  Flügel gesünder; er fördert dort die Chancen zumindest für die Fortpflanzung.
  Auf der windigen Insel ist der Flügelstummel gesünder; er fördert dort das
  Überleben und damit auch die Fortpflanzung.    | 
 
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   Das müßte in einer komplexen menschlichen
  Gesellschaft erst recht gelten.                        Arbeitsteilung selbst bei der Gesundheit  | 
  
   Was heißt das alles? - Gesundheit
  ist auf die Umwelt bezogen. Etwas, das in der einen Umwelt gesund ist,
  kann in der anderen verderblich sein - ob in der Natur oder bei den Menschen.
  In der menschlichen Gesellschaft ist jeder Bestandteil der sozialen Umwelt
  des anderen; wenn zwei sich zusammentun, dann können sie sich oft
  ergänzen, weil der eine Stärken und Mängel an anderen Stellen hat als der
  andere; sie können ihre Mängel gegenseitig ausgleichen und gemeinsam ihre
  Stärken nutzen. Unterschiede zwischen Menschen und ihre Ergänzung sind die
  Grundlage für Partnerschaften, für Ehen, Familien, Gruppen jeder Art, die
  Gesellschaft überhaupt. Wenn alle in allem gleich gut wären, gäbe es keine
  Berufe, nicht einmal Geschlechter; es wäre kein Anlaß, sich zusammenzutun
  und zusammenzuarbeiten; die Menschen wären eine gestaltlose Masse wie
  ein Haufen Hefezellen.   Es gibt also so viele verschiedene
  Gesundheiten wie es verschiedene Umwelten gibt. Genau betrachtet hat
  jeder seine eigene Gesundheit; keine Gesundheit ist völlig mit der
  anderen vergleichbar, denn jeder hat eine andere Umwelt als der andere.        | 
 
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   Kann der Staat eine Einheitsgesundheit durchsetzen?
  - Nur unter Opfern, die kaum einer in Kauf nehmen will.          | 
  
   Was wäre nun, wenn der Staat
  eine einzige Gesundheit aus der Vielfalt auswählen würde, ihr sozusagen
  ein staatliches Gütesiegel aufkleben würde und sie zur Vorschrift machen
  würde - alle anderen Gesundheiten aber für minderwertig oder gar
  kriminell erklären würde? - Eine solche Erfahrung haben wir; sie ist nur
  wenige Jahrzehnte alt: der Nazistaat. Damals wurde die "Pflicht zur
  Gesundheit" propagiert; viele, die dem staatlichen Gesundheitsideal
  nicht entsprachen, sind in die Gaskammern und Verbrennungsöfen gewandert.
  Solche Verhältnisse werden sich heute nur wenige zurückwünschen.    | 
 
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   Allerdings: Vorstellung  einer Einheitsgesundheit noch verbreitet    | 
  
   ABER: Es gibt heute noch eine
  Schlagseite in unserer Gesellschaft, die solche Gefahren birgt, und diese
  Schlagseite kommt daher, daß eben doch viele meinen, es gäbe so etwas wie
  eine einheitliche Gesundheit für jedermann, so etwas wie die "richtige"
  Gesundheit für einen "normalen Bürger". Kaum einer wird meinen,
  daß es so etwas wie einen Idealberuf für alle gäbe. Aber die Vorstellung,
  daß es "die" Gesundheit gibt, die geistert noch in den Köpfen rum,
  auch und gerade in den Köpfen von Ärzten und Psychiatern. Man merkt es
  daran, was sie zum Beispiel als ">Störung"
  bezeichnen und zu behandeln versuchen. Da gibt es "Verhaltensstörungen",
  "Persönlichkeitsstörungen", "Entwicklungsstörungen",
  "sexuelle Störungen", "Störungen des Realitätsbezugs",
  "sozial störende Gruppen" - alles, als ob es die "richtige"
  oder "störungsfreie" Entwicklung, die "gesunde Persönlichkeit",
  den richtigen Realitätsbezug, das richtige oder gesunde Verhalten, die
  richtige oder gesunde Sexualität für alle gäbe, an denen man die Störungen
  messen könnte, die man da diagnostiziert. Wie fragwürdig das aber ist,
  haben wir schon in unserem Stummelflügler-Beispiel gesehen. Um wie viel
  fragwürdiger muß das in der menschlichen Gesellschaft mit ihren Abertausenden
  von verschiedenen Spezialumwelten sein! Kann nicht das, was mit der Lupe
  betrachtet eine "Störung" ist, aus der Entfernung gesehen eine
  robuste Gesundheit sein? Sind nicht außergewöhnliche Mängel oft der Preis
  für eine außergewöhnliche Leistung auf einem Spezialgebiet? Können sich
  nicht zwei oder mehr "Defektpersönlichkeiten" zu einer Partnerschaft
  vereinigen, die in einer neuen Umwelt durchschlagend vital ist? Ist nicht
  zum Beispiel der Narr ein unentbehrliches Spurenelement am Königshof? Kann
  nicht zum Beispiel ein "Hysteriker" ein unentbehrliches
  "Frühwarnsystem" in einer größeren Gruppe sein? - Ja freilich;
  viele haben ähnliche Erfahrungen, und dennoch werden viele Leute bei uns
  eingesperrt, weil sie ein seltsames oder neuartiges Verhalten zeigen -
  auch, wenn es nicht schädlich, sondern höchstens lästig ist. Ich meine, das
  entspricht nicht ganz unserer Demokratie. Am Grundgesetz dürfte es eigentlich
  nicht liegen; man kann sich schlecht darauf berufen, wenn man eine Einheitsgesundheit
  durchsetzen und eine Therapie erzwingen will für die, die davon abweichen.
  Allenfalls den Blankoscheck "Sittengesetz" könnte man hervorziehen
  - das ist aber in der rechtlichen Diskussion um Gesundheit zur Zeit nicht
  üblich. Dennoch scheint bei der Formulierung von Grundrechten eine
  Schwäche zu bestehen, die erlaubt, daß sich hier und dort in unserer Gesellschaft
  Zwänge zu einer Einheitsgesundheit einnisten.     | 
 
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   Entscheidungen  erfordern Freiheiten    | 
  
   Wenn es eine Palette verschiedener
  Gesundheiten in verschiedenen Umwelten gibt, dann gibt es auch Entscheidungen
  für diese oder jene Gesundheit, ähnlich wie die Entscheidungen für diesen
  oder jenen Beruf. Wenn es aber diese Entscheidungen gibt, dann gibt es auch
  die Freiheit zu diesen Entscheidungen, die Selbstbestimmung dieser Entscheidungen.
  Ohne Belang dürfte es sein, ob wirklich eine Art Willensfreiheit hinter den
  Entscheidungen steht oder sie durch irgendwelche psychischen Faktoren bestimmt
  sind; solche Fragen kann das Grundgesetz dahingestellt sein lassen, wenn es
  Freiheitsrechte aufzählt. Es gibt auch Freiheiten und Selbstbestimmungsrechte,
  die nicht wörtlich im Grundgesetz erscheinen, aber in anderen Gesetzen
  oder in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verankert sind,
  etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Recht auf sexuelle
  Selbstbestimmung.     | 
 
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   Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung?    | 
  
   Wenn es nun eine Vielfalt
  von Gesundheiten in verschiedenen Umwelten gibt und die Wahl zwischen
  diesen Gesundheiten selbstbestimmt getroffen werden kann, wenn man
  gleichzeitig den Begriff der Gesundheit gar nicht objektiv einheitlich
  für alle festlegen kann, ohne Freiheiten zu beschneiden - warum soll man
  dann nicht vom Recht auf >gesundheitliche
  Selbstbestimmung sprechen?     | 
 
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   Hieraus ergäben sich einige Konsequenzen ...    | 
  
   Wie die Rechte auf informationelle
  und sexuelle Selbstbestimmung wäre ein Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung
  Teil des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Ein Recht
  auf gesundheitliche Selbstbestimmung würde ein Recht auf Gesundheit umfassen
  - allerdings nicht auf eine objektive Einheitsgesundheit, sondern
  auf das, was jeder einzelne selbst von seinem Wohlbefinden her unter
  "Gesundheit" versteht. Wenn die Rechtsprechung es so handhaben
  würde, dann wäre es nicht unbedingt nötig, es im Grundgesetz ausdrücklich
  zu nennen; es wäre eine Deutung des Begriffs der freien Entfaltung der Persönlichkeit.
  Dennoch wäre eine Verankerung im Grundgesetz zur Verdeutlichung wünschenswert.
  Selbst dann würde es noch nicht zwangsläufig respektiert: Auch die
  Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz steht im Grundgesetz, wird aber
  für Kinder nicht ernstgenommen, obwohl auch Kinder Menschen sind.     | 
 
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   ... auf verschiedenen Gebieten.    | 
  
   Wenn man ein Recht auf gesundheitliche
  Selbstbestimmung aber tatsächlich ernstnehmen würde, ob es nun ausdrücklich
  im Grundgesetz steht oder nicht, dann müßte sich allerdings einiges ändern,
  einiges sogar sensationell. Ich möchte hier ein paar Beispiele ausführen,
  wo man sich wohl neu besinnen müßte: Gurtpflicht, >Drogen, >Aids,
  >Psychiatrie.          | 
 
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   Gurtpflicht fragwürdig, aber ...        | 
  
   Gurtpflicht geht jeden
  Autofahrer etwas an. Die meisten waren dafür: Es ist ja vernünftig, einen
  Gurt anzulegen, wenn man das Risiko tödlicher Verletzungen bei Unfällen
  verringern möchte. Und wer den Gurt vernünftig findet, der müßte doch auch
  für die Gurtpflicht sein - oder? ... Oder etwa nicht? - Nein. Es ist ein
  Trugschluß. Ich kann durchaus regelmäßig den Gurt anlegen und sogar
  jedermann empfehlen, ihn anzulegen, und dennoch dafür sein, daß der andere
  selbst bestimmen kann, ob er den Gurt anlegt oder nicht - und eben nicht
  durch eine staatliche Vorschrift mit Bußgeld- und letztendlich Gefängnisdrohung
  dazu gezwungen werden soll. Denn es ist seine eigene Gesundheit, die er
  erhöhten Risiken aussetzt, wenn er den Gurt wegläßt. Wenn er das Recht
  hat, sich umzubringen, also seine Gesundheit zu hundert Prozent zu zerstören,
  dann müßte er erst recht das Recht haben, seine Gesundheit nur teilweise zu
  gefährden. Er schädigt, gefährdet, behindert oder belästigt niemand anderen,
  wenn er den Gurt nicht anlegt.     | 
 
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   Gurtfreiheit nicht aufkosten anderer                                        | 
  
   Oder doch? - Die Krankenkasse
  oder Versicherung, die das Zurechtflicken und Gesundpflegen zahlen muß,
  nachdem er aus dem Schrottauto gezogen wurde? - Das ist nun wirklich ein
  wunder Punkt. Wenn die Krankenkassen oder Versicherungen nicht das
  Recht haben, die durchschnittlich höheren Kosten bei Unfällen ohne Gurt
  abzuwälzen, dann wäre das in der Tat ungerecht: Die Kasse - die Gemeinschaft
  aller anderen Versicherten - müßte für den Luxus der gesundheitlichen
  Selbstbestimmung des Gurtmuffels bezahlen, ohne sich wehren zu können.
  Wenn die Krankenkassen oder Versicherungen aber das Recht haben, von
  vorneherein mit ihren Versicherten zu vereinbaren: Wer ohne Gurt fährt,
  kriegt nach dem Unfall so viel weniger, als der Gurt im Durchschnitt an Kosten
  nach dem Unfall verringert - dann würde durch das Nichtanlegen des
  Gurtes niemand anderer geschädigt. Man könnte dann so etwas wie eine Gurtpflicht
  vor dem Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung nicht mehr vertreten.        | 
 
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   Gesundheitliche Selbstbestimmung heute schon
  verwirklicht bei Alkohol, Nikotin, Tabletten, ...                                     ... nicht aber bei anderen Drogen.  | 
  
   Nehmen wir an, wir hätten die
  gesundheitliche Selbstbestimmung im Grundgesetz oder in der Rechtsprechung
  verankert. Dann dürfte jeder rauchen und trinken, so viel er will, ohne daß
  er oder die Zigarettenhändler und Schnapsbrenner dafür bestraft würden.
  - Hoppla. Ach so, das darf einer schon heute, auch wenn man sich mit Rauchen
  und Trinken die Gesundheit im gewöhnlichen Sinn ruinieren und das Leben verkürzen
  kann. Haben wir also ein Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung
  schon jetzt verwirklicht? - Nicht ganz. Denn: Warum darf einer Zigaretten
  oder Schnaps in Massen herstellen, ohne dafür ins Gefängnis zu kommen - und
  warum kommt auf der anderen Seite einer, der Heroin, Kokain, Haschisch
  oder ähnliches herstellt oder vertreibt, baldmöglichst hinter Gitter? - Da
  wäre doch im Grundsatz die gleiche Situation? Oder besteht ein Unterschied
  zwischen Nikotin und Alkohol einerseits und den "harten" Drogen
  andererseits? - Das wird oft behauptet. Wenn ich mir aber ein paar Bilder
  aus meiner Erinnerung hervorhole, dann glaube ich nicht, daß Alkohol für
  den Alkoholiker (natürlich nicht für andere) eine weiche Droge ist.
  Alkohol ist für bestimmte Leute ein hartes Rauschgift; es kann sie auf die
  Straße und unter den Rasen bringen. Das heißt: Nach allem Anschein ist da
  eine Inkonsequenz in unserer gegenwärtigen Rechtspraxis: Alkohol und
  Nikotin gesellschaftlich anerkannt, Heroin, Haschisch und andere Drogen
  kriminalisiert.     | 
 
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   Rechtspraxis  ist widersprüchlich    | 
  
   Wie würde es aber ausschauen,
  wenn gesundheitliche Selbstbestimmung als Recht verwirklicht wäre in unserer
  Gesellschaft? - Dann könnte man auch die jetzt verbotenen Drogen,
  vielleicht in den "Drogerien", frei kaufen. Preis und Gewinnspanne
  würden fallen, denn der Handel hätte kein Risiko mehr; fast jeder könnte
  sich das Zeug leisten, wie jetzt Bonbons, Zigaretten, Bier. Es müßte keine
  wesentliche Drogenkriminalität mehr geben; Anreize zu Verbrechen würden
  wegfallen. Drogen zu nehmen müßte auch nicht mehr zwangsläufig berufs- und
  existenzzerstörend wirken. Das Ganze wäre vielleicht nicht viel dramatischer
  als der heute übliche Umgang mit Beruhigungstabletten. Und wie auch heute
  viele von so etwas wegkommen, so würden viele im Lauf der Zeit auch von den
  anderen Drogen wegkommen; Techniken des Entzugs würden auf breiterer Front
  entwickelt.     | 
 
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   Spezialgesundheit  mit Drogen?    | 
  
   Von denen, die nicht davon
  wegkommen, würden sich viele ein Gleichgewicht eines gleichmäßigen Drogenkonsums
  zulegen, wie heute viele mit Tabletten. Sie würden sich wahrscheinlich im
  Durchschnitt eher ins Grab bringen als andere. Kürzeres Leben mit vielen
  Räuschen wäre dann ihre Spezialgesundheit.   ABER: Wer soll das bezahlen?
  - "Die machen sich doch kaputt, invalide! Und dann halten sie als
  Frührentner die Hand auf oder legen sich ins Krankenhaus und lassen sich
  pflegen aufkosten der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten! Und dagegen
  sollen wir uns nicht wehren dürfen? Da sollen wir einfach zuschauen, wenn
  das Geld der anderen Versicherten - unser Geld - durch das Fenster "gesundheitliche
  Selbstbestimmung" hinausgeworfen wird?"    Nein. Das kann gewiß nicht
  der Sinn von gesundheitlicher Selbstbestimmung sein, daß die Allgemeinheit
  für das Drogenhobby einer Minderheit zahlt.    | 
 
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   Gesundheitliche Selbstbestimmung muß Solidarprinzip
  modifizieren.    | 
  
   Das heißt: Wenn ein Recht auf
  gesundheitliche Selbstbestimmung ernst genommen würde, dann müßte sich auch
  im Gesundheitswesen etwas ändern. Wahrscheinlich sind es wenige
  entscheidende Punkte, an denen kleine Türen zu neuen Freiheiten geöffnet werden
  müßten. Vor allem: Die Krankenkassen und Versicherungen dürften nicht die
  Risiken von Drogenverbrauch aufgeladen bekommen; die müßte der Drogenkonsument
  selber tragen.  Das heißt: Das Solidarprinzip
  müßte zumindest modifiziert werden. Dieses Prinzip geht im Grunde von der
  Vorstellung aus, daß Krankheiten Schicksalsschläge sind, die den einzelnen
  ohne wesentliche Möglichkeit der Gegenwehr treffen und deren finanzielle
  Belastungen die Solidargemeinschaft aller Mitglieder gemeinsam trägt.    | 
 
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   Krankheit nicht nur Schicksalsschlag    | 
  
   Das ist eine Vorstellung, die
  auch heute noch für viele Krankheiten, zum Beispiel für viele Unfallfolgen
  zutreffen dürfte. Sie dürfte aber nicht ohne weiteres gelten für einen
  großen Bereich von Krankheiten, denen man durch eine entsprechende Lebensweise
  wirksam vorbeugen kann, wenn man das will - und auch nicht für die Krankheiten,
  die durch Entscheidungen der Betroffenen selbst herbeigeführt werden,
  etwa die Folgen von Drogen-, Nikotin- oder Alkoholverbrauch. Ein Recht
  auf gesundheitliche Selbstbestimmung beruht auf der Vorstellung, daß zwischen
  dem einzelnen und seinen Krankheiten auch - nicht nur, aber auch - Entscheidungen
  stehen, deren Folgen er als mündiger Bürger selbst tragen müßte.    | 
 
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   Folgerung:  Vertragsfreiheit für Krankenversicherungen    | 
  
   Das bedeutet, das Verhältnis
  zwischen den Krankenkassen und den Versicherten müßte sich in Richtung
  auf einen freien Vertrag bewegen; die Versicherungspflicht müßte modifiziert
  werden. In einem freien Vertrag können Bedingungen vereinbart werden.
  Solche Bedingungen könnten auch so etwas wie die Beziehung zu Drogen,
  Nikotin, Alkohol behandeln. Selbstbestimmung bei der Gesundheit heißt
  also Selbstbestimmung beim Vertragsabschluß zwischen Versichertem
  und Krankenkasse. Ob der Ausgleich für höhere Risiken über die Beiträge,
  über Beitragsermäßigungen, über die Leistungen oder über mehreres
  gleichzeitig geregelt wird, ob Zusatzversicherungen für Spezialrisiken
  eingeführt werden, könnte dem Markt überlassen bleiben. Warum soll es
  nicht eine Vielfalt verschiedenartiger Verträge für verschiedenartige
  Ansprüche von Leuten mit verschiedenartigen Gesundheitsentwürfen geben?
       "Aber wir können doch
  nicht zuschauen, wenn sich die Leute massenhaft im Drogenverbrauch zugrunderichten!"    | 
 
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   Selbstbestimmung beim Leiden und Helfen    | 
  
   Warum nicht? - Die einen
  werden durchaus zuschauen können. Sie werden sagen: "Diese Leute
  bestimmen selbst über ihre Gesundheit. Sie zünden ihre Lebenskerze an
  zwei Enden an. Wir respektieren das." Die anderen werden es nicht
  mitansehen können und in privaten Initiativen alles tun, um anderen zu
  helfen, nicht den Süchten zu verfallen oder davon loszukommen. Alles unbenommen!
  Wo die betreffenden Leute mit solchen Initiativen zusammenarbeiten oder
  sich in ihre Obhut begeben, kann es, wie heute auch schon, etwas bewirken.
  Wo die Leute das nicht wollen, da hilft auch keine soziale Initiative. Im
  Grunde muß man heute schon hinnehmen, daß einige Leute eine andersartige
  Gesundheit mit Drogenkonsum wählen.        | 
 
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   Selbstbestimmung  beim Risiko ...          | 
  
   Die Leute, die heute an Aids
  sterben, haben sich angesteckt zu einer Zeit, als man nichts oder kaum etwas
  wußte von der Gefahr und man sich deshalb nicht gezielt schützen konnte.
  Heute ist es etwas anders. Heute kann man wissen, wo Risiken liegen. Das
  heißt einerseits, man kann wissen, daß es zumindest gefährliche Körperverletzung,
  wenn nicht Körperverletzung mit Todesfolge ist, wenn man einen anderen
  mit dem >HIV-Virus ansteckt. Andererseits kann man wissen,
  daß man sich anstecken kann. Wie soll man nun einen ungeschützten und ungeprüften
  sexuellen Kontakt rechtlich deuten, wenn es zu einer Ansteckung mit dem
  Virus kommt? Muß man ihn unbedingt als Körperverletzung mit Todesfolge
  einstufen? Oder kann man beim heutigen Stand an öffentlicher Information
  über Aids einen solchen Kontakt nicht auch als stillschweigenden
  Vertrag über die gemeinsame Teilnahme an einem nicht näher bestimmten
  Aidsrisiko, also als Wahrnehmung des Rechts auf gesundheitliche Selbstbestimmung
  betrachten? Gibt es nicht ähnliches auch in anderen Bereichen, etwa den
  stillschweigenden Beförderungsvertrag, den man beim Betreten einer Trambahn
  schließt?     | 
 
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   ... oder Körperverletzung mit Todesfolge? ...                                       Ist Vertragsabschluß entscheidend?     | 
  
   Es gibt also hier mindestens
  zwei einander widersprechende rechtliche Deutungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund
  gesundheitlicher Selbstbestimmung. Die eine würde den Strafverfolgungsbehörden
  sehr viel Arbeit machen, die andere keine. Nützlich wäre, wenn Gerichte
  oder auch der Gesetzgeber die Grenze zwischen beiden Deutungen klar herausarbeiten
  würden. Es sind aber auch Fälle denkbar, wo die rechtliche Situation durch
  einen ausdrücklichen Vertrag von vorneherein eindeutig gemacht werden
  könnte. Besucher von Sexclubs könnten zum Beispiel vor dem Einlaß eine
  Erklärung unterschreiben, daß sie von dem Risiko einer Ansteckung mit dem
  HIV-Virus wissen, daß sie das Risiko auf sich nehmen und im Falle einer Ansteckung
  diese nicht als Körperverletzung durch andere betrachten würden, sondern
  als Folge ihres eigenen Verhaltens. Dann könnte man vor dem Hintergrund
  des Rechts auf gesundheitliche Selbstbestimmung weder gegen Besucher
  noch gegen Betreiber eines solchen Sexclubs vorgehen - selbst wenn dort ungeschützte
  Sexualkontakte gepflegt werden sollten. Man könnte auch nicht zum Beispiel
  gegen eine HIV-positive Prostituierte vorgehen, die ihren HIV-Status vor
  einem Vertragsabschluß mit einem Freier bekanntgibt, auf das Risiko
  hinweist und sich die Kenntnisnahme bescheinigen läßt. Aber auch im Fall
  Aids könnten - wie in den Fällen Gurtpflicht und Drogen - die Kosten der
  gesundheitlichen Selbstbestimmung billigerweise nicht den Krankenkassen
  und damit der Gemeinschaft der Versicherten aufgeladen werden. Auch hier
  müßten sie das Recht bekommen, die Kosten vertraglich zu begrenzen, etwa
  eine Zusatzversicherung gegen Aidsrisiken anzubieten. Gesundheitliche
  Selbstbestimmung im Fall Aids wäre dann auch Selbstbestimmung über die
  äußeren Bedingungen des Siechens und Sterbens.        | 
 
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   Verrücktheit als selbstbestimmter Entwurf?        | 
  
   Daß die Gesellschaft das
  Recht hat, gemeingefährliche Leute zu isolieren, unabhängig davon, wie ihr
  Verhalten zustandekommt und ob es geändert werden kann, wird wohl auch ein
  Verfechter des Rechts auf gesundheitliche Selbstbestimmung kaum bestreiten.
  Fraglich wird es aber, wenn es um das Bevormunden und Einsperren von Leuten
  geht, die unverständliches, seltsames, neuartiges oder lästiges Verhalten
  zeigen, ohne gemeingefährlich zu sein. Solches Verhalten könnte man in
  einem tieferen Sinn als selbstbestimmt betrachten, als speziellen gesundheitlichen
  Lebensentwurf, als Einladung zu speziellen, seltenen, neuartigen >Symbiosen
  in Partnerschaften oder größeren Gruppen. Daß wir in vielen Fällen
  solche Einladungen gar nicht verstehen können oder keinen Zugang zur Verwirklichung
  solcher Symbiosen haben, dürfte nicht hindern, die Einladungen als
  selbstbestimmt zu deuten und zu respektieren. Sogar Selbstverstümmelung
  und Selbstmord könnten als gesundheitliche Extrementwürfe gedeutet
  und respektiert werden.    | 
 
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   Frage nach Zwang entscheidend    | 
  
   Nichts gegen freiwillige
  Therapie. Soweit man das Verhältnis zwischen den psychiatrischen Anstalten
  und ihren Patienten als einvernehmlichen Vertrag über irgendwelche Therapie
  deuten kann: Nichts dagegen einzuwenden! Entscheidend müßte aber die Frage
  nach dem Zwang werden.  Einsperren,  Briefzensur,  Zwangstherapie, Zwangsmedikation, Ruhigstellen von nicht
  gemeingefährlichen Leuten, Fesseln, Entmündigen - all das wäre nicht verträglich
  mit einem Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung. Das wäre nicht
  mehr zulässig, weder in psychiatrischen Anstalten, noch gemeindenah, noch
  in der Familie, noch sonstwo. Also auch hier müßten an wenigen entscheidenden
  Punkten die Türen zu neuen Freiheiten geöffnet werden. Was sich dann
  daraus ergibt, dürfte in der Demokratie kein Gegenstand staatlicher Planung
  sein. Nur wo sich neue Herde der Unterdrückung gesundheitlicher Selbstbestimmung
  zeigen, dürfte der Staat eingreifen.        | 
 
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   Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung - ein
  Mehr an Freiheit.          | 
  
   Sicherlich gibt es noch eine
  Reihe anderer Bereiche, wo die Durchsetzung eines Rechts auf gesundheitliche
  Selbstbestimmung im einzelnen zu Änderungen in der Rechtspraxis führen müßte,
  etwa im Bereich der staatlichen Gesundheitsvorsorge. Ich glaube aber, schon
  die Beispiele Gurtpflicht, Drogen, Aids und Psychiatrie verdeutlichen,
  was aus einem Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung folgen würde.
  Vielleicht ringt man sich tatsächlich einmal dazu durch, ein solches Recht
  als Teil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu betrachten
  - und verschließt gleichzeitig den offenen Gully "Sittengesetz",
  so daß nicht alle Bemühung um gesundheitliche Selbstbestimmung durch diesen
  Gully ins Abwasser der Rechtsprechung geschwemmt wird.    Ich kann jedenfalls in einem
  Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung keinen Widerspruch zum
  Grundgesetz erkennen. Hier und da würden Türen zu neuen Freiheiten
  geöffnet. Es wäre mehr vom Grundwert unserer Demokratie.        | 
 
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   Begriffe, wie sie hier
  verwendet werden:  | 
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   Aids (meist AIDS geschrieben, für
  engl. "Acquired Immuno Deficiency Syndrome")
  = Krankheitsbild erworbener Immunschwäche   Drogen = (hier) Stoffe, deren Einnahme
  Erleben und Verhalten, meist in Richtung Schmerzfreiheit und Euphorie,
  verändert   Gesundheit = (nach der Weltgesundheitsorganisation
  - WHO) "Zustand körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens".
  Begriff im übrigen aber umstritten.   Gesundheitliche Selbstbestimmung = Konzept für ein neues
  Grundrecht als Teil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß
  Art. 2(1) GG, formal der "informationellen" und "sexuellen
  Selbstbestimmung" nachgebildet   HIV-Virus = das >Aids verursachende
  Virus   Persönlichkeitsentfaltung,
  freie =
  Grundrecht gemäß Artikel 2(1) des Grundgesetzes   Psychiatrie = Seelenheilkunde. Als Wissenschaft
  und medizinischer Fachbereich grundsätzlich umstritten.    Sittengesetz = unbestimmter Rechtsbegriff
  in Artikel 2(1) des Grundgesetzes. Grundsätzlich umstritten.    Störung = hier, im medizinischen
  Bereich: (umstrittener) Begriff für eine unerwünschte Abweichung von
  Sollwerten    Symbiose = Zusammenwirken zwischen
  zwei oder mehreren Lebewesen zu gegenseitigem Vorteil - meist als
  Austausch von Stoffen und Energien darstellbar.    System = Gesamtheit von Elementen,
  die untereinander, bei offenen Systemen auch mit ihrer >Umwelt in
  Beziehung stehen.    Umwelt = im allgemeinen Sinn =
  Gesamtheit aller >Systeme, die mit einem bestimmten System in Beziehung
  stehen.     | 
 
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